Die Einführung des Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder ab 2026 rückt näher. Der Landkreis Mühldorf hat einen entscheidenden Schritt auf dem Weg dorthin gemacht: Die Ergebnisse einer landkreisweiten Elternbefragung zur Ganztagsbetreuung wurden in den vergangenen Monaten ausgewertet und mit den Verantwortlichen in allen Städten, Märkten und Gemeinden besprochen. Gemeinsam mit den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern sowie den Verantwortlichen vor Ort diskutierten die Vertreterinnen und Vertreter der Jugendhilfeplanung die Rückmeldungen und bedarfsgerechte Möglichkeiten der Weiterentwicklung der Betreuungsangebote.
Im Frühjahr 2024 wurde eine landkreisweite Befragung durchgeführt, die sich an alle Eltern von Kindern bis 11 Jahren richtete. Ziel der Umfrage war es, eine fundierte Basis für die künftige Planung der Ganztagsbetreuung zu schaffen. Die Rückmeldung der Eltern ist aufschlussreich: Eine Mehrheit der teilnehmenden Eltern hat Bedarf an einem qualitativ hochwertigen Betreuungsangebot auch während der Grundschule. Insbesondere die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist für viele Eltern ein zentrales Anliegen.
Die Ergebnisse der Befragung zeigen deutlich, dass Eltern eine flexible Gestaltung der Betreuungszeiten wünschen. „Die Nachfrage nach Angeboten, die sowohl vor, als auch nach dem Unterricht stattfinden, ist groß“, erläutern Christiane Deinlein und Bianca Reiss, zuständig für die Jugendhilfeplanung im Jugendamt bei der Vorstellung der Resultate. „Eltern benötigen oft nicht nur eine Betreuung am Nachmittag, sondern auch eine verlässliche Betreuung am Morgen vor Schulbeginn.“ Dabei variiert der Bedarf stark, je nach familiärer Situation, was die Notwendigkeit individuell angepasster Modelle unterstreicht.
Auch die Qualität der Betreuung wurde von den Eltern thematisiert. Eine pädagogische Betreuung durch ausreichend Fachpersonal und eine sinnvolle Freizeitgestaltung in den Betreuungsstunden stehen für viele Befragte im Vordergrund. „Es geht den Eltern nicht nur darum, die Kinder irgendwo unterzubringen, sondern ihnen eine Umgebung zu bieten, in der sie sich wohlfühlen, gefördert werden und gleichzeitig soziale Kontakte pflegen können", betont Bianca Reiss.
Ein zentraler Punkt im neuen Ganztagsfördergesetz ist der Anspruch auf eine Betreuung auch während der Ferienzeiten. Eine Mehrheit der Eltern äußert den Bedarf nach einer verlässlichen Ferienbetreuung, um die langen Ferienzeiten mit ihrer Berufstätigkeit in Einklang zu bringen.
Ab dem Schuljahr 2026/27 muss gewährleistet sein, dass auch in den Ferien Betreuungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Grundschulkinder der ersten Klasse haben dann, bis auf 20 Schließtage, einen Anspruch auf eine Ganztagsbetreuung, um den Eltern hier größtmögliche Entlastung zu bieten. Hier können und werden sich wohl viele Gemeinden zusammenschließen, um ein verlässliches Ferienmodell zu schaffen.
Ein weiteres wichtiges Ergebnis der Befragung ist, dass der Bedarf an Ganztagsbetreuung nicht in allen Gemeinden gleich stark ausgeprägt ist. In einigen ländlichen Gebieten ist der Wunsch nach einer Ausweitung des Angebots weniger stark, während vor allem in den größeren Gemeinden und Städten eine hohe Nachfrage besteht. Dies stellt die Kommunen vor unterschiedliche Herausforderungen.
Christiane Deinlein stellt weiter fest, dass diese Erkenntnisse für die Gemeinden von zentraler Bedeutung seien. „Jede Kommune muss auf Basis der vorliegenden Ergebnisse ihre individuellen Lösungen finden. Die Bedarfe sind unterschiedlich und erfordern maßgeschneiderte Konzepte.“ Gerade in ländlichen Regionen sei es wichtig, in enger Abstimmung mit den Eltern flexible Lösungen zu entwickeln, die möglicherweise alternative Betreuungsmodelle wie Tageseltern oder kleinere Betreuungsgruppen umfassen.
Nach der Vorstellung der Ergebnisse sind nun die Gemeinden gefordert, konkrete Schritte zur Umsetzung des Rechtsanspruchs zu gehen. Die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister zeigten sich bei den Präsentationen durchweg offen für die Herausforderung und lobten die Elternbefragung als wertvolle Grundlage.
„Jetzt haben wir ein klares Bild davon, was unsere Familien brauchen“, erklärte der Bürgermeister einer der betroffenen Gemeinden. „Nun gilt es, die Rahmenbedingungen zu schaffen, um allen Kindern mit Betreuungsbedarf einen Platz in der Ganztagsbetreuung zu bieten.“
Zentral sei dabei auch die Schaffung der nötigen Infrastruktur. Viele Grundschulen im Landkreis verfügen aktuell noch nicht über die räumlichen Kapazitäten für eine flächendeckende Ganztagsbetreuung. In einigen Gemeinden müssen daher neue Räume geschaffen oder bestehende Gebäude umgebaut werden. Zudem ist die Rekrutierung qualifizierter Fachkräfte ein zentraler Punkt, um eine pädagogisch wertvolle Betreuung sicherzustellen.
Für Landrat Max Heimerl bildet die landkreisweite Elternbefragung eine wichtige Basis für die Einführung einer flächendeckenden Ganztagsbetreuung: "Mit dem Überblick über die Bedürfnisse der Eltern und die spezifischen Herausforderungen in den Gemeinden können nun die nächsten Schritte eingeleitet werden. Dabei wird deutlich, dass es sich um eine anspruchsvolle, aber notwendige Aufgabe handelt, die die Lebensqualität von Familien im Landkreis entscheidend verbessern kann. Der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung soll nicht nur eine gesetzliche Pflicht erfüllen, sondern vor allem einen echten Mehrwert für die Familien im Landkreis bieten."
Bianca Reiss betonte abschließend, dass der Dialog mit den Eltern und dessen Rückspiegelung an die Gemeinden auch in den kommenden Jahren weitergeführt werde, um sicherzustellen, dass die geplanten und zu planenden Maßnahmen den tatsächlichen Bedürfnissen entsprechen. „Wir werden auch in Zukunft regelmäßig Rückmeldungen einholen und darauf reagieren."